5.200 Stufen

Der Wecker läutet heute früh, verdammt früh. Unser Weckton war schrecklich, wie ein halbtoter Gockelhahn. Tagwache ist heute um 01.30 h morgens, nach 3,5 Stunden Schlaf alles andere als ausgeschlafen, aber trotzdem fast gut gelaunt geht's los. Es ist natürlich noch finster, aber gut ausgeleuchtet, man braucht nicht einmal eine Stirnlampe. Viele Touristen und Gläubige sind schon wach und auf dem Weg nach oben. Der Berg liegt auf 2.243 m und es gibt knapp 1.000 Höhenmeter zu überwinden. Anfangs beginnt der Weg noch relativ leicht, doch dann wird es immer härter. Sehr hohe, unregelmäßige Stufen, genauer gesagt 5.200 Stufen sind zu schaffen und 7 km zu überwinden, pro Strecke natürlich. Ein Kinderspiel für uns, oder doch nicht!? 

 

Sehr viele Gläubige sind unterwegs nach oben zu dem bewohnten Kloster, in dem man den 1,8 m großen Fußabdruck des Buddhas bewundern kann. Viele Leute kommen uns entgegen, die schon wieder auf den Weg nach unten sind. Die meisten sind ohne Schuhe oder mit Flip Flops, mit Kindern, vielen alten, gebrechlichen Menschen, und mit alles andere als Sportbekleidung unterwegs. Man bekommt immer wieder ein Lächeln geschenkt und wir können diese Leute nur bewundern, die in dieser körperlichen Verfassung es da rauf schaffen. Es gibt auch immer wieder Todesfälle zu beklagen. 

 

Der Weg ist ausreichend beleuchtet und es sind sehr viele Menschen auf dem Weg nach oben. Am Anfang bekommt man ein Armband und trägt sich in so einem Art Besucherbuch ein, natürlich wollen sie auch eine Spende von uns. Während der Mönch uns das Armband raufbindet, betet er und wünscht uns viel Glück beim Raufgehen.

So etwa bei der Hälfte wird es dann schon verdammt hart, die Unterschenkel brennen und es ist immer so ein Hin und Her zwischen Jacke ausziehen und anziehen. Einerseits ist es ziemlich frisch, so um die 10°C, anderseits auch warm und unsere Kleidung ist schon gut durchgeschwitzt. Gerade jetzt in der Pilgersaison, von Dezember Vollmond bis Mai Vollmond, sind Pilger der unterschiedlichsten Glaubensrichtungen unterwegs, Buddhisten, Hindus, Muslime und Christen. Auf dem Weg treffen wir einen Einheimischen, der den Berg fast täglich rauf geht, er war schon über 1.700 Mal oben und er rennt rauf, als gings um sein Leben. Die letzten Stufen sind nicht mehr so steil, die letzten Kräfte werden mobilisiert, um nach oben zu kommen. Es staut sich auch ziemlich und es geht nur mehr im Stop & Go Tempo nach oben. Viele Menschen sitzen am Rande des Weges mit ihren Kindern & Babys, die warm in Decken eingepackt sind. Es wird immer kälter und windiger. Bevor man rauf zum Tempel kommt, müssen wir die Schuhe ausziehen. Der Boden ist eiskalt, auch mit Socken. Barfuß diesen Weg zu gehen ist für uns unvorstellbar, auch aufgrund der Kälte. Wir ziehen uns alles an, was wir dabei haben und stellen uns an, um den Fußabdruck zu sehen. Für uns, nicht so bedeutend aber für die anderen, ist das sicher eines der Highlights im gläubigen Leben. Jeder gute Buddhist, sollte einmal im Leben auf diesem Berg gewesen sein. Es sind sehr viele Menschen, die alle am Boden sitzen und auf den Sonnenaufgang warten. Viele Kinder schreien und weinen aufgrund der Kälte. Wir entscheiden uns nach kurzer Zeit wieder ein Stück nach unten zu gehen, es ist einfach zu kalt und es sind auch zu viele Menschen oben. 

 

Ein Stück weiter unten, suchen wir uns ein geschütztes Plätzchen und frühstücken. Dann geht auch schon langsam die Sonne auf. Wunderschöner Sonnenaufgang, mit Nebel im Tal, schönen Farben und einem guten Ausblick auf Sri Lankas Berge und Teeplantagen. Nach unzähligen Fotos machen wir uns wieder auf den Retourweg. Wenn es hell ist, sieht alles gleich ganz anders aus. Es liegt sehr viel Müll auf und neben den Wegen und viele, ausgehungerte Hunde begegnen uns auf dem Weg. Nach einem Stück denken wir, wir sind schon fast unten. Da haben wir uns aber getäuscht, ich glaube da haben wir noch nicht einmal die Hälfte geschafft. Es geht steil bergab und wir haben ganz vergessen, wie weit es eigentlich war. Es geht trotzdem flott voran und wir hätten nie gedacht, dass wir so schnell sein werden. Für den Aufstieg brauchen wir 3 Stunden und für den Abstieg dann nur 2 Stunden. Wir sind sehr stolz auf uns und spüren jeden Muskel unserer Füße. Wir gehen zurück in unser Hotel und machen heute einen Relax tag. Den haben wir uns jetzt auch wirklich verdient. Aja von unserem Reiseführer Martin bekommen wir heute noch einen interessanten Reisvortrag. Wir sind schon gespannt und werden euch hier wieder berichten.